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Rückforderungen von Zahlungen, die an Anleger geflossen sind - durch den Insolvenzverwalter - Anwalt rät

1. Rechtlicher Hintergrund der Insolvenzanfechtung

Der Insolvenzverwalter ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet, Massezugriffe zu optimieren und ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen. 

Die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung dienen dem Zweck, Gläubigerbenachteiligungen rückabzuwickeln und eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu gewährleisten.

Zurückgefordert werden Zinsen (auch wenn nicht ausgezahlt und nur buchhalterisch erfasst bei der Gesellschaft), Ausschüttungen, Rückzahlungen u.w.

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2. Typische Fallkonstellationen bei Anlegern

In der Praxis begegnen uns insbesondere zwei Szenarien:

  • Ausschüttungen von vermeintlichen „Gewinnen“ bei betrügerischen Schneeballsystemen oder nicht wirtschaftlich tragfähigen Anlagen,
  • Rückzahlungen von Einlagen, die zeitlich nahe an die Insolvenzeröffnung erfolgen.
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3. Rechtsgrundlagen der Anfechtung

Je nach Sachverhaltsgestaltung kommen verschiedene Anfechtungstatbestände zur Anwendung:

a) Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung (§ 134 InsO)

Wurden Auszahlungen vorgenommen, ohne dass eine rechtlich werthaltige Gegenleistung erbracht wurde (z. B. bei fiktiven Gewinnen in Schneeballsystemen), kann eine unentgeltliche Leistung vorliegen. Diese ist bis zu vier Jahre rückwirkend anfechtbar – unabhängig von der Kenntnis des Anlegers.

b) Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO)

Zahlungen, die mit Benachteiligungsvorsatz erfolgten – etwa im Bewusstsein der drohenden Insolvenz – können sogar bis zu zehn Jahre rückwirkend angefochten werden, wenn der Empfänger von den Umständen wusste oder wissen musste. Hier wird Anlegern häufig eine Kenntnis der wirtschaftlichen Schieflage unterstellt, etwa bei auffälligen Renditeversprechen oder ungewöhnlicher Geschäftspraxis.

c) Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO)

Auch ordnungsgemäße Rückzahlungen können angefochten werden, wenn sie in einem kritischen Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung erfolgt sind (z. B. innerhalb von drei Monaten) und der Gläubiger (hier: Anleger) von der Zahlungsunfähigkeit wusste.

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4. Verteidigungsmöglichkeiten für Anleger

Anleger sind solchen Rückforderungen nicht schutzlos ausgeliefert. Es bestehen diverse Verteidigungsansätze:

  • Werthaltigkeit der Leistung: Eine Rückzahlung der ursprünglichen Einlage stellt regelmäßig eine gleichwertige Leistung dar und ist daher nicht unentgeltlich.
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  • Fehlende Kenntnis: Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder einem Benachteiligungsvorsatz muss im konkreten Fall bewiesen werden. Pauschale Behauptungen des Insolvenzverwalters reichen nicht.
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  • Verjährung und Einwand der Entreicherung: Auch die insolvenzrechtliche Anfechtung unterliegt zeitlichen Schranken. Zudem können Anleger, die die erhaltenen Gelder bereits verbraucht haben, unter Umständen den Einwand der Entreicherung (§ 143 Abs. 2 InsO i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB) geltend machen – etwa bei Verwendung für Lebenshaltungskosten.

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5. Fazit und Handlungsempfehlung

Die Anfechtung von Zahlungen durch Insolvenzverwalter stellt für Anleger ein erhebliches Risiko dar, insbesondere in Fällen struktureller Kapitalanlagen oder Schneeballsysteme. Dennoch lohnt sich die rechtliche Prüfung im Einzelfall. Nicht jede Zahlung ist ohne weiteres rück forderbar – und nicht jeder Anleger muss sich eine unterstellte Kenntnis gefallen lassen.

Tipp vom Anwalt: Anleger, die mit einem Rückforderungsverlangen konfrontiert werden, sollten keinesfalls vorschnell zahlen oder ohne rechtliche Beratung reagieren. Eine frühzeitige anwaltliche Einschätzung kann helfen, unnötige Zahlungen zu vermeiden und Ihre Rechte effektiv zu wahren.

Stellen Sie alle Vertragsdokumentationen sorgfältig und vollständig zusammen.

 

 


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