Verrechnung von Verlusten mit Zertifikaten im Rahmen der Einkommensteuer - steuerrechtliche Bezüge zum Bankrecht
Worum geht es?
Im Rahmen der Erstellung von Steuererklärungen begleitet uns immer wieder, beim Ausfüllen der Anlage KAP, die Frage, welche Verluste mit welchen Gewinnen verrechnet werden können, um die Steuerlast für die erzielten Gewinne zu reduzieren.
Das BMF erlässt hierzu jeweils aktuelle Rundschreiben, so letztmalig am 03.06.2021, die zu berücksichtigen sind. Jeweils in den letzten Randnummern der BMF-Schreiben wird festgestellt, welche alten BMF-Schreiben nicht mehr gelten sollen.
Das aktuelle BMF-Schreiben vom 03.06.2021 enthält einige vorteilhafte Regelungen für Kapitalanleger, jedoch auch einige Neuerungen, die von Nachteil sind, und eine Umstellung der bisherigen Verfahrensweise bedingen.
Bisher war es so, dass Verluste aus Zertifikaten, Verluste aus verfallenden Optionen und der Verlust aus einem vom Stillhalter gezahlten Barausgleich in den Verlusttopf für sonstige Verluste berücksichtigt werden konnten. Dieses soll noch für das Jahr 2020 gelten, jedoch nicht mehr für das Kalenderjahr 2021, dann dürfen diese Verluste nicht mehr in den Verlusttopf für sonstige Verluste eingestellt werden.
Liegen bei einem Vollrisikozertifikat mehrere Zahlungszeitpunkte bis zur Endfälligkeit vor, sind die Erträge zu diesen Zeitpunkten als Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen. Dieses hat der BFH mit Urteil vom 29.10.2019 - Az. VIII R 16/16 entschieden.
Dieses gilt nicht, wenn die Emissionsbedingungen von vornherein, eindeutige Angaben zur Tilgung oder zur Teiltilgung, während der Laufzeit, vorsehen und die Vertragspartner entsprechend verfahren. Das bedeutet folglich das Zertifikat wird nicht vollständig zur Endfälligkeit zur Rückzahlung kommen, sondern es existieren andere Regelungen in den Prospekten. Erfolgt bei diesen Zertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr, liegt damit eine Rückzahlung zu Null € vor, und damit ein veräußerungsgleicher Vorgang. Dieser ist gemäß § 20 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen.
Die Anschaffungskosten des Zertifikats sind als Verlust zu berücksichtigen, wenn der Basiswert eine nach den Emissionsbedingungen vorgesehene Bandbreite verlassen hat oder es durch das Verlassen der Bandbreite zu einer vorzeitigen Beendigung des Zertifikats, ohne weitere Kapitalrückzahlung, kommt. Beispielsweise gilt dieses dann, wenn als Basiswert ein Index vereinbart ist und dieser Index eine Schwelle unterschreitet, die dazu führt, dass der Anleger leer ausgeht.
Auch dieses hat der BFH mit Urteil vom 20.11.2018 - Az. VIII R 37/15 bereits entschieden und so festgelegt. Für die Verluste ist die Verlustverrechnungsbescheinigung, gemäß § 20 Abs. 6 S. 6 EStG zu berücksichtigen.
Bitte beachten Sie, dass Sie die Verluste für das Jahr 2020 noch in den Verlusttopf für sonstige Verluste einstellen können, und diese Verluste mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen können. Stimmen Sie sich hierzu mit Ihrer Bank ab, falls die Bank Verluste, aufgrund einer zweifelhaften Verlustverrechnungsbeschränkung, nicht verrechnet hat, müssen Sie im Rahmen Ihrer Steuererklärung in der Anlage KAP selbst die korrigierten Beträge eintragen und festsetzen lassen.
Für die Verlustverrechnung in den Verlustverrechnungskreisen gibt es eine Reihenfolge, die sich aus dem Gesetz ergibt und bindend ist, gemäß § 20 Abs. 6 S. 4 und S. 5 EStG. Im Wesentlichen sind folgende Reihenfolgen zu beachten:
- Veräußerungsverluste aus Aktiengeschäften dürfen nur mit Aktien-veräußerungsgewinnen verrechnet werden,
beschränkt auf das aktuelle Jahr
- Verluste aus Termingeschäften aus dem aktuellen Jahr dürfen bis zur Höhe von 20.000,00 € nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden und müssen vorgetragen werden,
- Verluste im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 6 EStG aus dem aktuellen Jahr dürfen bis zur Höhe von 20.000,00 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Ein verbleibender Betrag muss dann in das neue Jahr vorgetragen werden. Achten Sie bitte darauf, dass Ihnen sogenannte Bescheide erteilt werden, durch das Finanzamt, über die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrages.
Was erscheint uns noch wichtig?
Unseres Erachtens gibt dieses BMF-Schreiben sehr wichtige Hinweise für Anleger die beispielsweise in Nachrangdarlehen investiert sind bzw. waren.
Wenn eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG uneinbringlich ist, führt dieses zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust, gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 S. 2 und Abs. 4 EStG (Urteil BFH vom 24.10.2017 - Az. VIII R 13/15).
Die Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung liegt vor, wenn dem Gläubiger keine gesetzlich gebilligte Möglichkeit zur Durchsetzung des Anspruchs offensteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wurde. Nicht ausreichend soll die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners sein. Hier ist jedoch sicher auch zu berücksichtigen, wenn der Bericht des Insolvenzverwalters keine Insolvenzquote vorsieht, dürfte bereits zu diesem Zeitpunkt eine Uneinbringlichkeit der Kapitalforderung vorliegen.
Sie berechnen den Veräußerungsverlust aus dem Unterschied zwischen den Einnahmen aus der möglichen Rückzahlung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Kapitalforderung stehen und den Anschaffungskosten der Kapitalforderung.
Es gilt die Formel: Anschaffung Kapitalforderung in € % Einnahmen aus Rückzahlung nach Abzug der Aufwendungen
Der Verzicht auf eine nicht werthaltige Forderung steht einem Forderungsausfall gleich und führt nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 und S. 2 sowie Abs. 4 EStG zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust. Bitte beachten Sie, dass eine Verlust-verrechnungsbeschränkung gilt.
Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen und jeweils i.H.v. 20.000,00 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Beachten Sie, dass Verluste aus dem aktuellen Jahr bis zur Höhe von 20.000,00 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen und Sie, wie bereits oben dargestellt, einen Verlustvortrag beantragen müssen.